Andreas Zimmermann (ein Pseudonym, aber nicht meines) hat lesenswert aufbereitet, wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) den Wald der Impfnebenwirkungen vor lauter Bäumen unerwünschter Ereignisse nicht sieht. Es wurde seitens des PEI ein Versuch unternommen, den bekannten dänischen Artikel zur Verteilung von Impfnebenwirkungen auf Impfstoffchargen zu widerlegen. Dabei wurde mit bizarren Anzahlen “unerwünschter Ereignisse” (Größenordnung 30 Ereignisse auf 7 Impfungen) operiert, die angeblich über die SafeVac 2.0 App registriert wurden.
Meine Hypothese zu diesen “unerwünschten Ereignissen” ist, dass diese vor allem aus dem langen Beobachtungszeitraum (ein Jahr nach Impfung) resultieren. Ich habe keinen Zugriff auf die App, vermute aber, dass dort jedes Wehwehchen eingetragen werden kann - was zunächst einmal sinnvoll ist, damit nichts verloren geht, was aber dann natürlich die Trennung zwischen echten Impfnebenwirkungen und sonstigen unerwünschten Ereignissen erschwert. Nun wird die Liste potenzieller unerwünschter Ereignisse sicher nicht Steuernachforderungen oder Bahnverspätungen enthalten, aber vermutlich Covid-Infektionen oder allgemein Atemwegserkrankungen. Es ist durchaus plausibel, dass der durchschnittliche Bürger, unabhängig von seinem Impfstatus, mehr als vier solcher Ereignisse pro Jahr verzeichnet. Das PEI wird diese Tatsache sicher nutzen, um dann, wenn die Daten aus der App offiziell ausgewertet werden, die echten Impfnebenwirkungen kleinzureden.
Aber sei’s drum. Um eine Erklärung für die Ergebnisse des PEI, namentlich Regression der unerwünschten Ereignisse gegen die Impfchargen mit enormem R2 (weit über 99%), zu bekommen, habe ich ein Experiment durchgeführt. Zunächst einmal habe ich 700,000 Impfungen auf 244 Chargen aufgeteilt, so dass die Aufteilung derjenigen des PEI nahekommt (größte Charge 45,000; nächste 40,000; usw. bis hin zu vielen sehr kleinen Chargen). Dann habe ich angenommen, dass es zwei Arten von unerwünschten Ereignissen gibt: 3,000,000 gewöhnliche und 60,000 Impfnebenwirkungen. Die Gesamtzahlen von 700,000 und 3,060,000 entsprechen ziemlich genau den Daten des PEI.
Wenn die gewöhnlichen Ereignisse unabhängig von der Charge sind und auch nichts mit der Impfung zu tun haben, dann lassen sie sich auf Ebene des Einzelnen beispielsweise als Poisson-verteilt modellieren. Die Summe über alle Individuen in einer Charge ist dann (unter Annahme der Unabhängigkeit über die Individuen) wieder Poisson-verteilt, und die Standardabweichung entspricht der Wurzel aus dem Erwartungswert. Für die größte Charge mit 45,000 Personen wären beispielsweise 45,000 * 30 / 7 = 192,857 Ereignisse mit einer Standardabweichung von 439 zu erwarten.
Nun kann man für jede Charge aus der Verteilung ziehen. Das ist bei einer Poisson-Verteilung aufwendig; aber bei so großen Erwartungswerten ist eine Poisson-Verteilung von einer Normalverteilung ohnehin nicht zu unterscheiden. Ein typisches Diagramm samt Regression sieht so aus:
Auch durch Wiederholen des Experiments ist Excel (natürlich!) praktisch nicht von R2 = 1 abzubringen.
Nun fehlen aber noch die 60,000 echten Nebenwirkungen. Das scheint nicht viel zu sein im Vergleich zu den 3,000,000 sonstigen unerwünschten Ereignissen, entspricht aber einer Nebenwirkungsquote von 6/70, also mehr als 8% und liegt damit auf dem Niveau der “bösen” Chargen im dänischen Artikel.
Ich teile die 244 Chargen per Zufallsziehung (Münzwurf) in “gute” und “böse” ein. Gute Chargen führen nicht zu Nebenwirkungen; die 60,000 Nebenwirkungen werden nach Chargengröße auf die “bösen” Chargen verteilt. Die Summe der Chargengrößen der “bösen” Chargen kann natürlich deutlich vom Erwartungswert von 350,000 abweichen; entsprechend wäre eine “böse” Charge mehr oder weniger “böse”. Und so etwas bekommen wir dann typischerweise heraus:
Der Wert für R2 liegt in der Regel irgendwo zwischen 0,999 und Eins. Die Daten des PEI sind also durchaus mit einer extremen Chargenabhängigkeit von Impfnebenwirkungen kompatibel. Umgekehrt ist die Stellungnahme des PEI sinnlos.
Hier kann man spielen (F9 drücken, um die Zufallszahlen neu zu ziehen):
Sehr nice, Chargenlotto mit Excel. :-)
Ist das aber abgesichert, dass man von einer Poisson-Verteilung ausgehen kann?