In den neuen Zeiten, in denen das Wünschen wieder hilft, da veröffentlicht die SPD ihr Zukunftsprogramm und verkündet unter anderem: "Wir wollen die Elektrifizierung des Verkehrs massiv voranbringen. 2030 sollen mindestens 15 Millionen Pkw in Deutschland voll elektrisch fahren. [...] Wir machen das Stromtanken so einfach wie bisher das Tanken von Benzin und Diesel. Den Fortschritt beim Ausbau der Ladesäulen für Elektroautos wollen wir vierteljährlich evaluieren und wo nötig mit Versorgungsauflagen und staatlichem Ausbau die notwendige verlässliche Erreichbarkeit von Ladepunkten herstellen."
Wenn Ihr meint... 15 Millionen wären etwa ein Drittel der PKW-Flotte. Die bisher leistungsfähigste Lade-Infrastruktur scheint Tesla anbieten zu können. Auch hier dauert eine Vollbetankung aber immer noch eine Stunde, also etwa das Zehnfache einer Betankung mit Benzin. Rechnen wir doch mal in Tankstellen (als Währung, die für Platzbedarf und Durchsatz steht). Dann könnten wir ein Drittel der 14.000 deutschen Tankstellen entfernen (sagen wir 4.000, da schon noch Versorgungssicherheit für die über 30 Millionen verbleibenden Benziner gewährleistet sein sollte) und dafür 40.000 neue (Elektro-) Tankstellen bauen (so ungefähr). Wer mag, darf sich der Illusion hingeben, die Leute könnten ihre Elektroautos ja nachts zuhause laden - hier liegt der Zeitfaktor für eine Vollbetankung aber eher bei 100. "So einfach wie" bedeutet also auf jeden Fall schon mal nicht "so schnell wie".
Bei einem Verbrauch von 15 kWh auf 100 Kilometer und einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerleistung von 15.000 ergibt sich ein Energiebedarf von etwa 33 TWh. Um diesen zu decken, könnte man drei moderne Atomkraftwerke oder etwa 3.300 moderne Windräder einsetzen.
In Deutschland werden jährlich etwa 3 Millionen PKW neu zugelassen. Um in weniger als zehn Jahren auf eine Flotte von 15 Millionen zu kommen, müssten im Durchschnitt mehr als die Hälfte aller Neuzulassungen Elektroautos sein. Zurzeit liegt der Anteil bei etwa 7%, und das bei beträchtlicher staatlicher Förderung.
Und wenn das Wünschen doch nicht hilft, macht man Versorgungsauflagen. Wer noch nicht genug hat, der schaue dazu in den Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung. Hier lautet die Einheit nicht Tankstellen, sondern Ladepunkte. Wenn ein Ladepunkt einen Durchsatz von einem Fahrzeug pro Stunde hat und eine Tankstelle im Durchschnitt fünf Zapfsäulen, dann entspricht eine Tankstelle etwa 50 Ladepunkten. Für die 15 Millionen Elektroautos wären also etwa 2 Millionen Ladepunkte notwendig - das ist ja doch erstaunlich dicht bei der im Masterplan genannten einen Million (die auch nur für 7 bis 10 Millionen Elektroautos gedacht ist; die SPD muss halt im Wahlkampf ein bisschen mehr fordern).
Wahrscheinlich haben schon zahlreiche Menschen ähnliche Überschlagsrechnungen angestellt und in diesem neuen Internetdings irgendwo aufgeschrieben. Ich habe bewusst vorher nicht recherchiert, da ich es für wichtig halte, dass man in der Lage ist, auch mal eigene Zahlen zu produzieren. Sonst kommt man noch auf die Idee, ein Elektroauto zu kaufen...