In Israel sind 60% der Corona-Krankenhauspatienten geimpft. Wirkt die Impfung also nicht? Doch, wie hier sehr schön erklärt wird: 214 Patienten auf 1.302.912 ungeimpfte Israelis ergeben eine Krankhausinzidenz von 16,4 auf 100.000; bei 301 Patienten auf 5.634.634 Geimpfte sind es nur 5,3 auf 100.000. Daraus ermittelt man eine Impfeffektivität von 1 - 5,3 / 16,4 = 67,5%. Interessant ist aber, dass bei Einschränkung auf die einzelnen Altersgruppen noch sehr viel höhere Impfeffektivitäten herauskommen, beispielsweise 91,8% bei Einschränkung auf Israelis unter 50 Jahren und 85,2% für Israelis ab 50 Jahren. Das ist ein schönes Beispiel für das Simpson-Paradoxon: weil zwei Störfaktoren, nämlich die Impfquote und die Anfälligkeit für schweren Verlauf, mit dem Alter gleichlaufen, kann die Impfeffektivität in der Gesamtpopulation niedriger sein als die in jeder Altersgruppe.
Eine hypothetische Erhöhung der Impfquote auf 100% (unter der Annahme, dass dies die Infektiosität nicht beeinflusst, und unter etlichen anderen Annahmen, die wir mal außen vor lassen) würde (unter Nutzung der zehn angegebenen Altersklassen) dazu führen, dass man etwa 322 statt 515 Patienten hätte. Dazu müsste man aber 1.302.912 Menschen impfen. Würde man sich auf die 186.078 Menschen ab 50 beschränken, käme man auch schon auf 364 Patienten. Und um die letzten 7 Hospitalisierungen der unter 30-Jährigen zu "verhindern", bräuchte man 777.265 Impfungen - vielleicht keine gute Idee.
Aber wenn wir schon mal dabei sind: wie steht es mit der Übersterblichkeit für 2020 in Deutschland? Laut Statistischem Bundesamt sind 985.572 Menschen im Jahr 2020 gestorben, mehr als je zuvor (das Maximum lag vorher bei 954.874 im Jahr 2018). Es liegt auch nicht alleine am Bevölkerungswachstum: die Quote, bezogen auf den 31.12.2019, beträgt 1,185%; auch dies ist das Maximum nach 1,153% im Jahr 2018.
Aber auch hier gibt es zwei gleichlaufende Störfaktoren, nämlich die Sterbewahrscheinlichkeit je Altersgruppe und die Entwicklung der Altersgruppen. Beispielsweise gab es zum 31.12.2010 etwa 4,3 Millionen über 80-Jährige in Deutschland, zum 31.12.2019 waren es fast 5,7 Millionen. Das Simpson-Paradoxon kann also auch hier ordentlich zuschlagen. Teilt man beispielsweise in fünf Altersklassen auf (unter 70, 70 bis 75, 75 bis 80, 80 bis 85, ab 85) und wendet die jeweiligen Sterbequoten der Jahre 2011 bis 2019 auf die Bevölkerung zum 31.12.2019 an, so erhält man Zahlen zwischen 962.017 und 1.011.658; insgesamt fünf unter dem echten Wert von 985.572 und vier darüber.
Eine feinere Unterteilung, wie sie Marcel Barz vorgenommen hat (ich habe leider keine feinere Unterteilung der über 85-Jährigen gefunden), kann sogar zu noch deutlicheren Effekten führen, beispielsweise einem "echten" Simpson-Paradoxon, bei dem die Sterbequote in keiner Altersklasse im Jahr 2020 maximal ist. Warum musste YouTube diese völlig gerechtfertigten Untersuchungen (zumindest zeitweise) zensieren (und immer noch aus den Suchergebnissen entfernen)? Natürlich sterben Menschen an oder mit Corona, aber eben auch ohne...