Können Sie mir helfen? Ich habe mich verheizt
Im Umgang mit dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden, vulgo Gebäudeenergiegesetz, wird deutlich, wie sehr die politische Klasse den Bezug zur Realität verloren hat. Die Regierungsdarsteller zeigen sich besorgt, weil sie die Bevölkerung „überfordert“ haben, und die Oppositionsdarsteller zeigen sich besorgt, weil die Regierungsdarsteller die Bevölkerung „verunsichert“ haben. Nein, wir sind weder überfordert noch verunsichert, aber wir erkennen ein dämliches Gesetz, wenn wir eines sehen.
Wärmepumpen sollen jetzt der heiße Scheiß sein und nach Ablauf diverser Übergangsregelungen praktisch alternativlos. Das ist dann am Ende die günstigste Alternative, und gaaanz viel CO2 wird auch gespart, ehrlich!
Ja, das passt in ein Land, in dem man damit angeben kann, dass man in Mathe immer schlecht war und Physik nie verstanden hat. Rechnen wir doch mal ein bisschen! Unsere bescheidene, noch nicht besonders alte und daher vernünftig gedämmte Hütte genehmigt sich für Heizung und Warmwasser etwa 16.000 kWH Erdgas im Jahr. Bei der Verbrennung von Erdgas werden ungefähr 0,2 kg CO2 je kWh freigesetzt, das macht 3,2 Tonnen im Jahr. Im gerade vergangenen Jahr mit seinen Kriegswirren musste mit etwa 10 Cent je kWh gerechnet werden. Zu schlagen wären also 1.600 EUR.
Bei einem (gebremsten) Strompreis von 40 Cent je kWh sollte der Bedarf der Wärmepumpe also 4.000 kWh nicht überschreiten. Auch wenn uns zukünftig niedrigere Strompreise hoch und heilig versprochen werden, glaube ich nicht daran; die Nachfrage (Wärmepumpen, E-Autos) wird stärker steigen als das Angebot (Kernkraftwerke sind erst einmal (!) abgeschaltet, Kohle soll weg, Gas ist knapp, Sonne und Wind werden doch nicht so schnell ausgebaut wie erträumt). Nun ist schwer vorherzusagen, welchen Strombedarf eine konkrete Wärmepumpe in einer konkreten Immobilie mit konkreten Heizpräferenzen haben wird. Die online verfügbaren Überschlagsrechner suggerieren aber alle einen Bedarf von nicht unter 5.000 und möglicherweise über 7.000 kWh.
Die laufenden Kosten dürften also durch den Umstieg auf eine Wärmepumpe nicht sinken. Aber vielleicht wird ja wenigstens der Ausstoß an bösem, bösem CO2 reduziert? Das hängt nun sehr von der Stromerzeugung ab.
Wie wäre es zum Beispiel damit, das Erdgas nicht zuhause zu verbrennen, sondern im Kraftwerk, um damit Strom zu erzeugen? Das ist ein einigermaßen fairer Vergleich, weil die Zusatzemissionen aus Beschaffung und Transport in beiden Fällen ähnlich sind. Ein modernes Gaskraftwerk hat einen Wirkungsgrad von etwa 0,6; um nicht mehr als 3,2 Tonnen CO2 zu erzeugen, dürfte die Wärmepumpe also nicht mehr als 3.200 kg * 0,6 kWh / 0,2 kg = 9.600 kWh im Jahr verbrauchen.
Schön und gut, aber nicht schummeln, indem Flüssiggas importiert wird! Dann müsste man aufgrund des zusätzlichen Energieaufwands (zusätzliche Vorkettenemissionen: Gas → Flüssiggas → Gas) eher 0,25 kg statt 0,2 kg je kWh ansetzen, und die Schranke würde auf 7.680 kWh sinken. Dann kann man auch gleich den aktuellen Strommix mit einem CO2-Ausstoß von 0,434 kg / kWh ansetzen und kommt auf 3.200 / 0,434 kWh = 7.373 kWh. Aber Obacht! Geheizt wird vor allem im Winter, wenn die Sonne weniger scheint und der Wind weniger weht und der effektive CO2-Ausstoß deutlich höher ist. Ob da überhaupt noch CO2 gegenüber der aktuellen Gasheizung eingespart wird, ist doch sehr unklar. Und selbst wenn es am Ende ein Tönnchen weniger wäre: ich bezahle Euch meinetwegen Euren Preis für eine Tonne CO2 – aber lasst mir dafür die Entscheidung, wie ich heizen will!
Es gäbe natürlich auch positive Seiteneffekte, wenn nur noch Strom zum Heizen gebraucht wird: Gasleitungen könnten zurückgebaut werden (auf den „grünen Wasserstoff“ brauchen wir gar nicht erst warten…), und wir wären nur noch von einem Energieträger abhängig (denn natürlich läuft auch die Gasheizung nicht ohne Strom, funktioniert also nicht, wenn dieser mal ausfällt). Dafür haben wir aber bisher auch nur von den laufenden Kosten gesprochen und noch nicht von der Anschaffung. Man bedenke: „there is no such thing as a free lunch“! Na klar, wir könnten eine PV-Anlage aufs Dach setzen lassen, aber die kostet auch viel Geld – und würde im Winter, wenn der Strom zum Heizen gebraucht wird, nicht ausreichen. Selbst wenn der Einbau einer Wärmepumpe so subventioniert wird, dass er nicht mehr teurer ist als der Einbau einer neuen Gasheizung, dann verlieren wir doch alle. Das Geld für Subventionen ist unser Geld, und es fehlt dann erstens an anderer Stelle, und wir haben zweitens Entscheidungskompetenz aus der Hand gegeben.
Was ist das für eine Welt? Noch nie war es einfacher, sich zu informieren (z.B. hier), aber die politischen Entscheidungen werden immer bizarrer. Wie kommen wir da nur wieder heraus? Und welche Mitschuld muss ich mir persönlich vorwerfen lassen?