In der Printausgabe der FAS vom 23.02.2020 wird getitelt: "Geld schlägt aufs Gemüt"! Oder doch nicht? Noch am selben Tag erhält die Online-Version des Artikels einen neuen Titel: "Warum so viele Frauen nicht Karriere machen wollen". Das sozio-ökonomische Panel hat festgestellt, dass sowohl Frauen als auch Männer im Durchschnitt (basierend auf einer diskreten Skala von 0 bis 10) weniger zufrieden sind, wenn die Frau deutlich mehr als die Hälfte zum Haushaltseinkommen beiträgt.
Beide Titelvorschläge sind bedauernswert in ihrer Eindimensionalität. Ist denn immer das Geld da, das dann aufs Gemüt schlagen kann (für FAS-Autoren vielleicht schon)? Und ist Karriere (allein siebenmal im Text genannt) das Einzige, das man machen kann (für FAS-Autoren vielleicht schon)? Zunächst einmal lässt sich mit den angegebenen Durchschnittswerten kaum etwas anfangen. Sind die Verteilungen (je Anteilsklasse am Haushaltseinkommen) um den Durchschnitt konzentriert, oder werden sie etwa durch Masse am einen oder anderen Ende verzerrt? Welche Einsicht könnte zusätzlich gewonnen werden, wenn das gesamte Haushaltseinkommen als zweite erklärende Variable hinzugezogen würde? Welche Rolle spielen die Biologie (in der unterschiedlichen Einschätzung durch Männer und Frauen), die individuelle Wahlfreiheit (beispielsweise der Kassiererin, deren Mann gerade arbeitslos geworden ist) und die Einbettung in das soziale Umfeld (beispielsweise der traditionellen Familie auf dem Land)?
Um es mal mit Bischof Fulton Sheen zu sagen: "I was trained in the philosophy of St. Thomas Aquinas, which is complete and total in the sense that it embraces God, man and society." Die moderne Evolutionsbiologie bietet ein ähnlich harmonisches Bild aus Biologie, Individuum und Gesellschaft an. In der Tat scheinen Theologen und Biologen sich untereinander besser verständigen zu können als mit Soziologen und anderen Geisteswissenschaftlern. Bei jenen scheiden externe Erklärungsmöglichkeiten (Gott, Biologie, Zufall, ...) aus, und das Individuum ist nur interessant als Angehöriger der einen oder anderen gesellschaftlichen Gruppe, die sich im fortwährenden Foucaultschen Machtkampf mit anderen Gruppen befindet.
Zum Abschluss noch ein Zitat von Fulton Sheen (ebenfalls aus seiner Autobiographie, also aus dem Jahr 1979): "In retrospect I had two approaches; one was the direct on radio, the other was the indirect on television. The direct was the presentation of Christian doctrine in plain, simple language. [...] There is a third approach to an electronic audience which will be in the future. It will not always be the direct, nor even the indirect which I used. It is what might be called the anthropological. I do not use this word in the sense of the science of man's beginning. I merely mean it as the roots of the word imply - a study of man. The presentation of religion had been principally from God to man, but now it will be from man to God. It will not start with the order in the universe alluding to the existence of a Creator of the cosmos; it will start with the disorder inside of man himself. It will take all the findings of our psychological age and use them as a springboard for the presentation of Divine Truths."