Ein internationaler Konzern, der Konsumgüter herstellt, wird Werbeclips nur aus einem Grund produzieren: um den Kundenstamm und damit den Umsatz zu vergrößern. Wenn Gillette nun ein bestimmtes Männlichkeitsbild propagiert, so glaubt die Firma wohl, dass die eigene Kundschaft dieses Bild gutheißt und selbst bereits lebt. In der Tat hat man sich im Herbst 2018 in einer "repräsentativen Studie mit 1017 Befragten" davon überzeugt, dass "das klassische, stereotype Rollenbild des Mannes Geschichte ist", dass sich für Millenials "das heutige Verständnis vom Männerbild gegenüber dem ihrer Eltern verändert hat" und dass "eine ganze Generation junger Männer mittlerweile vorlebt, wie vielseitig das Beste im Mann aussieht". Der viel diskutierte Werbeclip richtet sich also gar nicht an die wenigen "bösen" Männer (die es zweifelsohne gibt), sondern an die vielen "guten". Also hätte Antje Joel sich am 24.01.2019 in der ZEIT gar nicht so aufregen müssen (denn die ZEIT-Leser sind natürlich alle "gut"!).
Daher will ich Frau Joels Artikel auch gar nicht im Detail kommentieren, sondern mich auf einen Satz beschränken: "Ich bin froh, dass Frau Walden all diese männlichen Züge [Anmerkung: gemeint sind Stoizismus, Aggressivität, Durchsetzungsvermögen, Stärke und Dominanz] als "traditionell" und nicht als "genetisch" beschreibt. Immerhin." Hier steht "traditionell" wohl für nurture, "genetisch" für nature. Wenn die Gesellschaft jahrzehntelang daran arbeitet, alles "Traditionelle" zu überwinden (was natürlich möglich ist und mindestens teilweise wünschenswert), dann wird am Ende nur noch das "Genetische" übrigbleiben - das man auch dann nicht los wird, wenn man es "traditionell" nennt. Es wird dann weiter dafür sorgen, dass ZEIT-Autorinnen warm und trocken sitzen, sich ein bisschen im Internet herumtreiben und auf schicken Notebooks schicke Artikel schreiben können. Immerhin.