Wer heutzutage einen Kulturkampf führen will, der bedient sich gerne einer Motte-and-Bailey-Taktik. Der Vorhof (Bailey) bietet einen fruchtbaren Boden, auf dem die wunderlichsten Pflanzen wachsen. Im Fall eines Angriffs ist er jedoch nicht zu halten, und man zieht sich lieber in die Burg (Motte) zurück. Dort ist es eng und kalt, aber mit ein wenig Glück zieht der Angreifer irgendwann entnervt ab.
In der ZEIT vom 26.06.2022 wird eine Burg mit besonders dicken Mauern gebaut: „mit zwölf beschließt Ella, dass sie nicht mehr Eliah heißen will“. Was natürlich Unsinn ist: mit zwölf beschließt Eliah, dass er nicht mehr Eliah heißen will. Aber sei’s drum: den wenigen Menschen, die tatsächlich und dauerhaft an ihrem biologischen Geschlecht leiden, will ich keine Steine in den Weg legen. Von der ZEIT wünsche ich mir nur, dass sie den Bau der Burg nicht nach acht Jahren einstellt, sondern weiterhin regelmäßige Begehungen durchführt. Nicht, dass das Gebäude noch einstürzt.
Gleichzeitig stolpert Marvin Ku verwirrt über den Vorhof und leidet daran, dass dieser inzwischen sogar die Welt von Harry Potter umfasst: „Auch sie soll diverser werden, zeitgemäßer, moderner.“ Seiner Antwort ist aber nichts hinzuzufügen: „Ich halte das für falsch. Harry Potter wurde in kürzester Zeit zum Klassiker. Und so sollten wir diese sieben Bücher auch behandeln. Man mag sie schlecht und altmodisch finden, problematisch, sogar verabscheuungswürdig, genauso wie man sie für ihre Sprache, ihre Figuren oder ihre Spannung bewundern kann. Man kann sie kritisch lesen. Man kann sie als Brennglas der Vergangenheit sehen und als Inspiration für die Zukunft. Man kann von ihnen lernen. Aber man soll sie bitte nicht ändern.“
Die allermeisten Kampfhandlungen spielen sich im Bereich der Sprache und im kulturellen Diskurs der Meinungselite ab. Sprachliche Präzision spielt dabei nur scheinbar eine Rolle. Wer anderer Meinung ist, soll mir bitte erklären, was ein Transkasper ist:
Ist es jemand, der früher kein Kasper war, aber sich jetzt durch Aufsetzen einer Zipfelmütze oder gemäß Kasperselbstbestimmungsgesetz zu einem erklärt (wie etwa ein „Transmann“)?
Ist es jemand, der schon immer ein Kasper war, aber nun ein Kasper mit der Zusatzeigenschaft „trans“ ist (wie etwa ein „Transmensch“)?
Ist es jemand, der mal ein Kasper war, aber nun mehr als das (oder etwas anderes) ist (wie etwa ein „Transhumanist“)?
Ist es jemand, der vielleicht ein Kasper war oder ist, der aber vor allem bei jeder Gelegenheit aus der Kiste springt und seine Mitkasper der Unkasperlichkeit beschuldigt (wie etwa ein „Transaktivist“)?
Eins ist klar: Transkasper, die im medizinischen Bereich arbeiten, unterliegen der Corona-Impfpflicht.