Aus einem Artikel auf WELT Online vom 27.02.2021:
"Steffen Augsberg, Verfassungsrechtsexperte an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitglied des Deutschen Ethikrates: "Spätestens seit dem Sommer konnte man davon ausgehen, dass ein fälschungssicherer Impfnachweis nötig wird. Vor diesem Hintergrund ist mir die Zurückhaltung der Bundesregierung dazu relativ unverständlich, insbesondere wenn man die verfassungsrechtliche Seite betrachtet. [...] Wenn einerseits die Risikogruppen geimpft sind und andererseits die Impfung die Infektiosität hochgradig senkt, lässt sich die Begrenzung der Freiheitsrechte der Geimpften kaum noch begründen." [...] Auch Mario Brandenburg, technologiepolitischer Sprecher der FDP, weist darauf hin, dass die Impfreihenfolge bewusst so angelegt wurde, dass vulnerable Personen zuerst eine Corona-Schutzimpfung erhalten. "Sobald diese besonders schützenswerten Gruppen den Impfstoff erhalten haben, gibt es keinen Grund mehr, die Freiheitsrechte für diese Personengruppen einzuschränken – vor allem dann nicht, wenn es einen von der Bundesregierung beschlossenen fälschungssicheren Impfnachweis gibt.""
Ich habe keine Angst vor Corona, aber sehr wohl davor, dass sich solche Argumentationsweisen dauerhaft in die Gesellschaft fressen. Meine Bedenken formuliere ich als Fragen:
Wenn die Risikogruppen geimpft sind, wie lässt sich dann die Begrenzung der Freiheitsrechte der Ungeimpften noch begründen?
Warum muss ein Impfnachweis fälschungssicher sein? Ist die Befürchtung, dass einige Wenige sich "Rechte erschleichen"? Das ist immer so und wäre infektiologisch vernachlässigbar. Oder ist die Befürchtung, dass gefälschte Impfausweise massenhaft in Umlauf kommen, sodass dadurch die Eindämmung des Virus verhindert wird? In diesem Fall fehlt aber offenbar die Bereitschaft der Bevölkerung, sich impfen zu lassen, und dann muss es auch anders gehen.
Welchen Anreiz hätten insbesondere "schützenswerte Gruppen", Impfausweise zu fälschen?
Über welchen Zeitraum reden wir hier? Ist es nicht das Ziel, Corona innerhalb weniger Monate los zu werden, sodass keinerlei Maßnahmen mehr notwendig sind?
Was machen die "schützenswerten Gruppen" dann eigentlich mit ihren Freiheitsrechten? Werden ganze Seniorenheime in die nächste Kneipe gekarrt, wo dann so richtig die Post abgeht, während die "nicht schützenswerten Gruppen" maskiert und mit Abstand und neidisch auf der Straße stehen und zuschauen?
Wohlgemerkt: hier äußern sich ein Verfassungsrechtsexperte und Mitglied des Deutschen Ethikrats sowie ein Sprecher einer Partei, die die Freiheit im Namen trägt. Vermutlich sollte ich für die "Zurückhaltung der Bundesregierung" dankbar sein...